Sonntag, 4. August 2013

Redensarten und Redewendungen - Teil 1


Diesen Sommer gab es auf Radio Niederösterreich wieder einen Sommersprachkurs "Niederösterreichisch für Fortgeschrittene" - das hat mich dazu animiert, nach weiteren Sprüchen aus unserer Umgebung zu suchen. Darunter sind einige sehr alte, die wahrscheinlich nur die betagten St.Pöltner - so wie ich - kennen.

dea faschded jo schdod begg buglkoab - der versteht ja statt Bäcker Buckelkorb

das sagte meine Großmutter, wenn jemand ein Wort völlig falsch verstanden hatte. Der buglkoab war ein großer Korb, in dem die Bäcker ihre Produkte transportierten. Der Buckelkorb war ein weit verbreitetes Transportmittel - ganz ähnlich wie heute der Rucksack.

du kaunsd mi buglfümfaln  [bugʎ'fymfaɫn] - du kannst mich mal...

die höflicheren Menschen vermieden gern derbe Ausdrücke wie in diesem Fall beim Götz-Zitat. fümfaln bezieht sich stattdessen auf die fünf Buchstaben des Wortes für den Körperteil, der am Ende des bugls, also des Rückens beginnt.

dea ged ei wiara bemische leiwaund - der geht ein wie Böhmische Leinwand

Leinwand nennt man ein Leinengewebe in Leinwandbindung (und das hat nichts mit dem Wienerischen "leiwand" zu tun). Anscheinend genoss die Böhmische Leinwand einen schlechten Ruf, was die Größenbeständigkeit beim Waschen betraf, sie lief leicht ein. dea ged ei wiara bemische leiwaund sagt man über jemanden, der unter Druck sehr leicht nachgibt, der klein beigibt, wo Standhaftigkeit gefragt wäre.

amoi da gigl amoi da gogl  [gigʎ] [gɔgʎ] - einmal der eine, dann wieder der andere

in dieser Redewendung schwingt ein bisschen der Wunsch mit, dass es so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit geben möge: amoi da gigl amoi da gogl sagt man vielleicht, wenn diesmal die Heimmannschaft verloren hat - nächstes mal wird sie sicher wieder gewinnen. 

i bin no im wiglwogl [vigʎ'vɔgʎ] - ich bin noch unentschlossen

sehr anschaulich stellt dieses Sprachbild die Verfasstheit des Sprechers dar: wie etwas, das im labilen Gleichgewicht ruht, wackelt, und schließlich auf die eine oder andere Seite kippen wird.

wea laung frogd, ged weid ia - wer lange frägt, geht weit in die Irre

das ist ein richtig subversiver Spruch, er wird nämlich genau dann getätigt, wenn es um die Frage geht: ist das erlaubt? Darf man das so machen? aa woos! ist die Antwort, wer jetzt lang Fragen stellt, kommt sicher nicht ans Ziel, also tun wir es einfach, ohne viel Aufhebens zu machen.
 
waun da waun ned waa, wa da kuadreg a budda - wenn das Wörtchen wenn nicht wäre, wäre Kuhdreck Butter

viele verarmte Arbeiter konnten sich früher Butter nicht leisten, sie mussten billige Surrogate wie Margarine aufs Brot streichen. Wenn es nur um die Streichfähigkeit ginge, könnte man ja auch ein anderes billig zu habendes Rinder-Produkt verwenden, dachte sich wohl der Erfinder des Spruches, wenn nur der Geschmack... waun da waun ned waa! sagt man einem Menschen, der darüber lamentiert, dass er dies und jenes ja erreicht hätte, wenn nur ...



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