Samstag, 7. August 2010

graung sei

Im Wartezimmer eines Arztes unterhalten sich zwei ältere Damen: songs, wo isn heidd de frau Gwabbil? de wiad do ned graung sei?

Wer sich mit St.Pöltnern über Krankheiten unterhalten will, muss einige neue Vokabel lernen.


graung heißt krank, also richtig krank, während man, wenn man nur leichtes Fieber oder Kopfschmerzen hat, höchstens marod ist. Ist jemand hingegen chronisch krank (hat er also ein Leiden), sagt man: ea is leidend

schdrauggn hat man, wenn einen der Schnupfen so richtig erwischt hat. Man fragt so jemanden gern: sog, wo hosd di den du so heagrichd? Wo hast du dich denn so hergerichtet? Manchmal weiß man den Grund: hosd di wida odeggd in da nochd! abdecken ist das Gegenteil von zudecken. Man ist also der Ansicht, dass das Fehlen der warmen Decke nachts die Ursache für die Erkältung ist. 

es zreissd eam nennt man es, wenn einer dann so richtig niesen muss. höfgod! oder höfdagod! wünscht man ihm darauf. Oder: höfgod dass woar is! (helfe Gott, dass es wahr ist!) Manchmal läuft der Dialog auch so ab, nachdem jemand geniest hat: "zreissn sois di!" "des gresde drumm soi di dreffn!" "des gödbeasl soi mi dreffn!" "daschlogn sois di!"

közzn heißt husten (als Verb), wenn man erkältet (faküüd) ist. Hat man sich aber nur Verschluckt und muss husten, heißt das i hob mi fakuzzd - zu kleinen Kindern sagt man dann: kuzz, kuzz! warum auch immer. Den Auswurf eines Kranken, der schleimigen Husten hat, nennt man schlaaz. Das ist kein schönes Wort. Die Grauslichkeit wird aber noch in folgendem Reim gesteigert: grea is da baaz fon an duwara-schlaaz. (grea=grün, baaz=zähe Masse, duwara=Tuberkulose-Kranker)

dasig oder dasdig kann einen das Fieber machen: dann fühlt man sich ganz benommen.

essigbadschal macht man, um das Fieber zu senken. Essig-Patscherl sind kalte Wickel: man tränkt ein Tuch mit kühlem Essigwasser und umwickelt einen Fuß, mit einem zweiten Tuch die gegenüberliegende Hand. Das wirkt sofort und senkt das Fieber um bis zu 1°

a jauggal - eine Injektion bekommt man, wenn kein Hausmittel mehr hilft. Dieses Wort kommt vom Wort  jauggn - jagen, hetzen,  welches auch (als einejauggn) im Sinn von:  etwas (also die Nadel) wo hinein"jagen" = mit hoher Geschwindigkeit hineinstechen - verwendet wird.

wimmal - Wimmerl sind die österreichweit bekannten Pickel. Man nennt übrigens auch ein Bauchtäschchen, das mit einem Gurt umgeschnallt wird so.

wean oder weam nennt man hierzulande das Hordeolum oder Gerstenkorn. Das ist eine meist eitrige Entzündung der Drüsen der Augenlider.

aufbrend sagt man, wenn die Haut oder die Schleimhäute entzündet oder gerötet sind: Der gerötete Babypopo ist das beste Beispiel. Früher wurden die Babys, um das zu vermeiden gschdubbd. Die schdubb (Stupp) ist das Babypuder. (aufbrend kann auch das gegenteil von obrend - abgebrannt -  sein. das bedeutet, dass jemand aufgrund geschickter Handhabung von Assekuranzen und Brandbeschleunigern einen finanziellen Vorteil aus einem Feuer zieht)

zidarich - Zitterich nennt man raue, trockene Stellen der Gesichtshaut. 

wimmara ist eine weitere Erkrankung der Haut, nämlich das Erythema solare - der allseits beliebte Sonnenbrand.

mundfeu - Mundfäule klingt sehr ekelhaft, aber es handelt sich dabei nur um "Mundecken", eine Infektion der Mundwinkel, die auftritt, wenn man aus einem fremden, nicht gut gereinigten Glas getrunken hat.

blodan - ("blådan" ausgesprochen) heißt Blase und hat - genau wie im Standarddeutsch - zwei Bedeutungen: erstens ist es die Bezeichnung für eine Blase (bulla), wie man sie z.B. an der Ferse durch unpassendes Schuhwerk bekommt, zweitens ist es die Bezeichnung für die Harnblase.
feichdblodan haben auch mit Blasen zu tun: Feuchtblattern heißen in Österreich die Windpocken

winddakiaschn - Winterkirschen  werden von manchen Leuten für Hämorrhoiden gehalten, mit denen sie - um die Seite der Bagger zu zitieren -  in etwa so viel gemeinsam haben wie das Gurkerl mit dem Leberkäse in einem Leberkäs-Semmerl. Nachdem Letztere den Verdauungsapparat erfolgreich durchschritten hat, können ihre schlampig gewischten Rückstände den idealen Grundstock einer „Autumnalis Rosetta“ bilden. Gemeinsam mit Haaren, Kleidungs- und Klopapierfusseln stellen sie die Haupt-Zutaten des unliebsamen Früchtchens dar.

biizln ist eigentlich das was kleine Kinder machen, wenn sie gewissermaßen zornig weinen (z.B. weil sie unbedingt den Eisschlecker haben wollen und ihn nicht kriegen) bitzeln ist aber auch die davon abgeleitete Bezeichnung für einen bestimmten Schmerz: Speziell die Handfläche kann einem bitzeln, nachdem man damit kräftig (wo auch immer) zugeschlagen hat.

bremasln (Betonung auf dem e!) hingegen ist ein prickelnder Schmerz, wie er zum Beispiel auftritt, wenn man mit einer Brennnessel Bekantschaft geschlossen hat, oder auch, wenn man sich - bei nicht allzu hoher Spannung (bis etwa 50V) - elektrisiert (bei höherer Spannung sagt man: es hod mi grissn, wenn man einen Schlag abbekommen hat) Auch wenn man sich das narische baa (den Nervus ulnaris am Ellenbogenhöcker) angeschlagen (aughaud) hat, bremasld das noch einige Zeit bis in den kleinen Finger. (Abgesehen von dieser Bedeutung, nennt man manchmal auch das brutzelnde, prasselnde Geräusch so, das durch einen schadhaften elektrischen Kontakt - z.B. in einer Steckdose oder Lampenfassung - verursacht wird.)

dogazn ist eine weitere Form des Schmerzes: diesmal handelt es sich um einen pulsierenden, pochenden Schmerz. (nicht zu verwechseln mit bogazn: das ist die pulsierende Bewegung eines Ringmuskels - z.B. bei Hühnern nach dem Eierlegen)

baumsdig - bamstig  nennt man eine Empfindung einer gwissen Gefühllosigkeit oder taubheit, wie sie bei Schwellungen oder einer Lokal-Anästhesie auftritt (das Wort kommt von dem ausgestorbenen Wort Bams, welches einen ausgestopften Sitz bezeichnete)

ofian - Abführen sagte man zu Durchfall

heazkaschbal - der Herzkasperl  ist gar nicht lustig, das ist nämlich der Herzinfarkt.

lungenbodschn - Lungenpatschen  ist der Lungeninfarkt. Ein Patschen ist ja ein platter Reifen. Genau so stellt man sich das bei der Lunge vor, wenn sie zusammen fällt.

fraasn war eine Bezeichnung für eine tödliche Erkrankung bei Kleinkindern, die mit Krämpfen und Zuckungen einher ging (Fraisen). Heute verwendet man dieses Wort nur in: do griag i jo glei di fraasn - ich dreh gleich durch. Zur Verstärkung sagt man auch: boggalfraasn

fuasmarod - fußmarod  kann man jeden nennen, der ein wenig haadschd, also hinkt oder auf eine andere Art gehbehindert ist. des schdiggal kaun i scho gee, i bin jo ned fuasmarod

s reissade - das Reißende  hat ein oida dagara, ein alter Tattergreis.