5 Wortarten
5.1 Der Artikel
5.1.1 Der bestimmte Artikel da, de, des
-
SingularNomGenDatAkkdafon(i)n(i)ndefon dadadedesfon(i)ndesPluralNomGenDatAkkdefon dede(na)dedefon dede(na)dedefon dede(na)de
statt
des Genitivs mit fon kann auch das Possessivpronomen verwendet
werden :
-
SingularGenin ... sei da ... ia in ... sei PluralGendena ... eanadena ... eanadena ... eana
Achtung:
in diesem Fall muss das Possessivpronomen in Geschlecht, Fall und
Zahl mit dem Wort übereingestimmt werden, auf das es sich bezieht!
(siehe 1.2.4)
Beispiele:
in
mau sei oaweidd – die Arbeit des Mannes
in
mau seine kinda –
die Kinder des Mannes
dena
fraun eana gwaund – die Kleidung der Frauen
dena
fraun eanare
haunddoschn – die Handtaschen der Frauen
Beachte:
in mehreren Formen wird der Artikel abgewandelt, wenn davor eine
Präposition steht: die Formen, die in lauten,
verlieren das i wenn eine Präposition vorausgeht; die Formen,
die dena lauten, verlieren das –na, wenn eine
Präposition vorausgeht:
sixd
in oidn scho kumma? – siehst du den Alten
schon kommen?
moch
fia n oidn a essn! – mach für den Alten Essen
gib
des göd dena fawaunddn – gib das Geld den
Verwandten
des
gauze göd fon de fawaunddn – das ganze Geld
von den Verwandten
Beachte
weiters: das -e
in den verschiedenen Formen, bzw. das de-
beim Neutrum Singular kann ausfallen! Damit verbunden ist oft ein
Bedeutungswandel:
de
frau hod kochd - die Frau hat gekocht (irgendeine
Frau)
d
frau hod kochd – meine
Frau hat gekocht
de
mauna gengan ins wiadshaus – die Männer gehen ins Wirtshaus
d
mauna gengan gean ins wiadshaus – die Männer (alle) gehen gern ins
Wirtshaus.
des
kind is in da schue – das Kind ist in der Schule (allgemeine
Aussage)
s
kind is in da schue – das Kind ist in der Schule (das des Sprechers
oder das Kind dessen, auf den sich ein Sachverhalt bezieht)
Der
bestimmte Artikel bei Namen
Im
Dialekt wird bei Namen von Personen immer der bestimmte
Artikel verwendet: da beda, de grisdl, da schuali;
de
ana-dandd hod heidd gebuadsdog – Tante Anna hat heute Geburtstag
de
schwesta hildegad duad beddn – Schwester Hildegard betet
5.1.2 Der unbestimmte Artikel a
-
SingularNomGenDatAkkafon anananafon anaanaaafon anana
Genitiv
mit Possessivpronomen:
-
SingularGenan … sei ana ... iaan ... sei
Beachte:
beim unbestimmten Artikel kann das a nie ausfallen. Es
heißt immer: fia an mau is des ned leichd –
für einen Mann ist das nicht leicht.
(fia
n mau is des ned leichd hieße: für den
Mann...)
5.2 Das Pronomen
5.2.1 Das Personalpronomen
In
einigen Formen existieren betonte und unbetonte Versionen des
Personalpronomens. Das Personalpronomen es hat keine betonte
Form. Falls es betont verwendet werden soll, muss stattdessen das
Demonstrativpronomen des verwendet werden. Der Genitiv der
Personalpronomina wird praktisch nie verwendet (er würde wie das
Possessivpronomen lauten: meina, deina usw.)
das betonte Personalpronomen
- Singular 1.P. 2.P. 3.P. m w sNomDatAkkimiamidudiadieaeameamsiiasiPlural 1.P. 2.P. 3.P.NomDatAkkmiaunsunseseicheichseeanase
das unbetonte Personalpronomen
- Singular 1.P. 2.P. 3.P. m w sNomDatAkkimame-dadeaeamnsia(a)s 1)seam(a)s 1)Plural 1.P. 2.P. 3.P.NomDatAkkmaunsuns-eicheichseana(a)s 1)
- beim Akkusativ der 3.Person Femininum und Neutrum wird zwischen einem in der 2.Person Singular stehenden Verb und dem s ein a eingeschoben: do sixdas im Ggs. zu ea siachds (dasselbe gilt für den Akkusativ 3.P. Plural nach einem Verb in der 2. P. Plural: hobdsas gseng? – habt ihr sie gesehen? jo, mia haums gseng
Achtung:
Am (Neben-)Satzanfang stehen immer die Formen des betonten Pronomens.
Beim neutralen Pronomen wird es
gesagt: es is a jaumma! – es ist ein Jammer!
Beispiele:
(betonte Wörter/Silben sind unterstrichen):
-
betontunbetonti hobs ghead, du ned –ich hab’s gehört, du nicht.howis1) ghead? hosdas2) a ghead? – hab ich’s gehört? hast du es auch gehört?do schded ea, duadd si –da steht er, dort sie.do schdeda – da steht er;
giwi des dia? – geb’ ich das dir?i gib da wos – ich gebe dir etwas;i siach nua eam! – ich sehe nur ihn!i sichn – ich sehe ihn;sixd si duadd midn rodn huad?-siehst du sie dort mit dem roten Hut?sixdas? – siehst du sie (bzw. siehst du es?)haum mia a scho zoid? –haben wir auch schon bezahlt?wos haumma do? – was haben wir da?
- hier werden 2 Pronomina zusammengezogen: -i und -s (ich, es, beide unbetont)
- das du fällt aus, weil es unbetont ist, -s heißt es
5.2.2 Das Demonstrativpronomen
dea,
deajenige, dasöwe; (für dieser und jener gibt es
keine Entsprechung)
dea:
-
SingularNomGenDatAkkdeafon dendendendefon dearadearadedesfon dendendesPluralNomGenDatAkkdefon de(na) 1)de(na) 2)de
- fon de im Genitiv Plural wird zu fon denan erweitert, wenn es als Stellvertreter für ein Substantiv steht:
de oaweidd fon
de
hakla is gschissn – die
Arbeit der
(dieser) Arbeiter ist unangenehm; aber:
de oweidd fon dena
mechadi a ned mochn. – die Arbeit derer möchte ich auch nicht
machen
2) wie beim bestimmten Artikel fällt auch hier das
–na weg, wenn eine
Präposition vorausgeht.
Bei
Personen ist es oft schöner, als Genitiv die
Dativ-Possessivpronomen-Konstruktion zu verwenden:
heidd kumd ia schwesda und deara ia freind
(nicht: da freind fon deara)
– heute kommt ihre Schwester und deren
Freund.
Beim
Dativ den (gib
den oidn
mau an euro!) ist v.a. von gebildeteren
Sprechern heute immer öfter dem
zu hören. Das selbe gilt für denjenigen (und
analog für fon söbm – fomsöbm)
deajenige:
-
SingularNomGenDatAkkdeajenigefon denjenigendenjenigendenjenigendejenigefon deajenigendeajenigendejenigedesjenigefon denjenigendenjenigendesjenigePluralNomGenDatAkkdejenigenfon dejenigendejenigendejenigen
dasöwe:
-
SingularNomGenDatAkkdasöwefonsöbminsöbminsöbmdesöwefon dasöbmdasöbmdesöwedessöwefonsöbminsöbmdessöwePluralNomGenDatAkkdesöbmfon desöbmde(na)söbm1)desöbm
1)
wie beim bestimmten Artikel fällt auch hier das –na
weg, wenn eine Präposition vorausgeht.
5.2.3 Das Reflexivpronomen
-
i ... medu ... deea,si,es ... semia … sees … eichse … sei wosch medu woschd deea woschd semia woschn sees woschds eichse woschn se
5.2.4 Das Possessivpronomen
-
1.P2.P3.PSingularmeideiseiiaseiPluralunsaeichaeana
-
SingularmwsNomGenDatAkkmei, dei, sei bruadafon -n bruadan-n bruadan-n bruadan- schwesdafon -na schwesda-na schwesda- schwesda- hausfon -n haus-n haus- hausPluralNomGenDatAkk-ne gschwisdafon -ne gschwisda-ne gschwisda-ne gschwisda
-
SingularmwsNomGenDatAkkia, unsa, eicha, eana bruadafon -n bruadan-n bruadan-n bruada- schwesdafon -ra schwesda-ra schwesda- schwesda- hausfon -n haus-n haus- hausPluralNomGenDatAkk-re gschwisdafon -re gschwisda-re gschwisda-re gschwisda
5.3 Das Verb
Wie
in vielen süddeutschen Dialekten, existiert auch im St.Pöltner
Dialekt (für Vollverben) kein Präteritum. Ausnahme: sei
(sein) besitzt das Präteritum woa (war). Daher können
Zeitformen mit war sehr wohl gebildet werden:
ich
war da – i woa do.
ich
hatte Zeit – (keine Entsprechung)
-
PräsensPerfektPlusquamperfektFutur IFutur IIsi schreibdsi hod gschriimsi hod gschriim ghobdsi wird schreimsi wiad gschriim haum
5.3.1 Präsens
Infinitiv:
das –n der Standardsprache wird oft durch –a ersetzt oder fällt
aus, daher erscheint der Infinitiv etwas uneinheitlich:
sizzn,
gee, schbringa (sitzen, gehen, springen)
frogn
– fragen, gee – gehen:
-
IndikativKonjunktivKonjunktiv mit dad+Infinitividuersiesmiaessefrogfrogsdfrogdfrognfrogdsfrognfrogadfrogasdfrogadfrogadnfrogadsfrogadndad frogndadasd frogndad frogndadn frogndadads frogndadn frogniduersiesmiaessegeegesdgedgengangedsgengangangadgangasdgangadgangadngangadsgangadndad geedadasd geedad geedadn geedadads geedadn gee
Die
beiden Konjunktivformen werden unterschiedlich verwendet:
Die
erste Variante wird häufig in der 1.Person verwendet und drückt oft
einen Wunsch oder eine Vorstellung aus, oder dient zur höflichen
Umschreibung einer Aufforderung:
i
gangad jezd aum liabsdn ham – jetzt würde ich am liebsten nach
hause gehen!
i
hed gean a griagl bidde! – ich hätte gern ein Krügerl (Bier),
bitte!
i
schreiwad des wuadd mid dobbe-de – ich würde das Wort mit doppel-d
schreiben.
hoidasd
jezd bidde in schlabfn?- würdest du jetzt bitte den Mund halten?
Die
Zweite Variante drückt eher den Sachverhalt einer Bedingung aus,
weiters kann man damit zum Ausdruck bringen, dass man eine Handlung
auch wirklich zu tun gedenkt:
i
dad jo gean gee – ich würde ja gern gehen (wenn ich nur
dürfte!)
dadads
ia fia mi wos mochn? – würdet ihr für mich etwas tun? (wenn
ich euch darum bitte)
ea
hod gsogd, ea dad mi midn auddo hifian – er sagte, er würde mich
mit dem Auto hinfahren (das würde er wirklich tun!)
der
österreichische Indikativkonjunktiv
Wie
auch im übrigen Ostösterreich üblich, wird in St.Pölten gern der
Konjunktiv verwendet, wo er eigentlich einen Indikativ ausdrückt:
Beispiele:
Ein
Lieferant kommt zum Lagerarbeiter und sagt:
i
bringad de kaneurealn! – ich bringe die
Kanalrohre
Ein
Techniker der Telekom läutet an der Wohnungstür:
dag!
i kamad wengan delefonauschluss – guten Tag,
ich komme wegen des Telefonanschlusses
Ein
Kunde, der telefonisch avisiert wurde, steht vor dem Verkäufer:
i
warad jezd do! – da bin ich!
5.3.2 Partizip I
wird
gebildet, indem an den Wortstamm –ad angehängt wird
(Ausnahme: Wörter, die in der Standardsprache auf –ern
enden, bilden das Partizip mit –nd):
schlofn
– schlofad (schlafend)
rean
– rearad (weinend; das r wird
wegen der aufeinandertreffenden a eingefügt)
lochn
– lochad (lachend)
bresln
– breslad (bröselnd)
gee
– geead (gehend)
singa
– singad (singend)
zidan
– zidand (zitternd)
der
Gebrauch des Partizips als Artangabe (sie lief weinend vorbei)
ist im Dialekt selten. In diesem Fall wird das Partizip meist
substantiviert:
si
is ois a rearade fuabeigrend (wörtlich: als
eine Weinende)
Häufiger
wird das Partizip I als Attribut bei einem Substantiv gebraucht:
de
hadschade oide – die hinkende Alte.
Nicht
bei allen Verben ist das Partizip I gebräuchlich, z.B. hört man
nie: mid an frogadn gsichd (mit fragendem Gesicht), aber sehr
wohl: mid an lochadn gsichd. nie: beddade hend (betende
Hände), aber: zidande hend (zitternde Hände)
5.3.3 Partizip II
Bei
regelmäßigen Verben endet es auf -d, bei unregelmäßigen Verben
(meist) auf -n. Ob das Partizip II mit g- beginnt, hängt davon ab,
ob die entstehende Konsonantengruppe leicht auszusprechen ist oder
nicht. Als nicht leicht auszusprechen gelten:
gb,
gd, gg, gk, gx, gz
Leicht
auszusprechen sind dagegen:
gf,
gh, gj, gl, gm, gn, gr, gs, gw, gsch
außerdem
fällt natürlich genauso wie in der Standardsprache das g- bei nicht
auf der ersten Silbe betonten Wörtern weg, also z.B. wenn das Verb
eine nicht abtrennbare Vorsilbe wie be- ent- ver- usw. hat.
Abtrennbare Vorsilben treten vor das g-: fuaschdöön –
fuagschdööd (vorstellen); auch Wörter auf
–ian (Stdspr.: -ieren) und einige andere bekommen kein g- :
frisian - frisiad
einige
Beispiele:
regelmäßig
mit g-
reden
– geredet redn – gredd
ackern
– geackert oggan – goggad
regelmäßig
ohne g-
beten
– gebetet beddn – bedd
danken
– gedankt daunggn – daunggd
unregelmäßig
mit g-
fahren
– gefahren foan – gfoan
gewinnen
– gewonnen gwina – gwuna
sinken
– gesunken singgn – gsunggn
unregelmäßig
ohne g-
binden
– gebunden bindn – bundn
denken
– gedacht denggn – dochd
5.3.4 Perfekt
Infinitiv:
Partizip II + haum (bzw. sei)
se wean sicha
wida üwa mi gredd haum! – sie werden sicher
wieder über mich geredet haben!
es soe in da
zeidung gschdaundn sei – es soll in der
Zeitung gestanden haben
Die Formen des
Perfekts werden gebildet mit den Personalformen von hob
oder bin plus dem Partizip II;
der Konjunktiv benutzt stattdessen die
Personalformen von hedad1) und
warad2)
-
IndikativKonjunktividuersiesmiaessehob gfrogdhosd gfrogdhod gfrogdhaum gfrogdhobds gfrogdhaum gfrogdhedad gfrogdhedasd gfrogdhedad gfrogdhedadn gfrogdhedads gfrodhedadn gfrogdiduersiesmiaessebin gaungabisd gaungais gaungasan gaungasads gaungasan gaungawarad gaungawarasd gaungawarad gaungawaradn gaungawarads gaungawaradn gaunga
- statt hedad hört man auch oft das etwas urbanere hed (i hed, du hesd, er hed usw.)
- statt warad ist auch das einfachere waa üblich (i waa, du wasd, ea waa, mia waan, es wads)
5.3.5 Plusquamperfekt
wird gebildet mit
den Formen des Perfekts plus dem Partizip II von haum bzw.
sei, also ghobd und gwesn
-
IndikativKonjunktividuersiesmiaessehob gfrogd ghobdhosd gfrogd ghobdhod gfrogd ghobdhaum gfrogd ghobdhobds gfrogd ghobdhaum gfrogd ghobdhedad gfrogd ghobdhedasd gfrogd ghobdhedad gfrogd ghobdhedadn gfrogd ghobdhedads gfrod ghobdhedadn gfrogd ghobdiduersiesmiaessebin gaunga gwesnbisd gaunga gwesnis gaunga gwesnsan gaunga gwesnsads gaunga gwesnsan gaunga gwesnwoa gaungawoasd gaungawoa gaungawoan gaungawoads gaungawoan gaungawarad gaunga gwesnwarasd gaunga gwesnwarad gaunga gwesnwaradn gaunga gwesnwarads gaunga gwesnwaradn gaunga gwesn
da
es von sei (sein) ein
Präteritum woa (war)
gibt, sind auch Formen des Plusquamperfekts mit diesem Wort möglich,
wenn auch selten.
5.3.6 Futur I
-
IndikativKonjunktividuersiesmiaessewea frognwiasd frognwiad frognwean frognweads frognwean frognwuaddad frognwuaddasd frognwuaddad frognwuaddadn frognwuaddads frognwuaddadn frogniduersiesmiaessewea geewiasd geewiad geewean geeweads geewean geewuaddad geewuaddasd geewuaddad geewuaddadn geewuaddads geewuaddadn gee
5.3.7 Futur II
-
IndikativKonjunktividuersiesmiaessewea gfrogd haumwiasd gfrogd haumwiad gfrogd haumwean gfrogd haumweads gfrogd haumwean gfrogd haumwuaddad gfrogd haumwuaddasd gfrogd haumwuaddad gfrogd haumwuaddadn gfrogd haumwuaddads gfrogd haumwuaddadn gfrogd haumiduersiesmiaessewea gaungan seiwiasd gaungan seiwiad gaungan seiwean gaungan seiweads gaungan seiwean gaungan seiwuaddad gaungan seiwuaddasd gaungan seiwuaddad gaungan seiwuaddadn gaungan seiwuaddads gaungan seiwuaddadn gaungan sei
5.3.8 Passiv
wird
mit den Personalformen von sei (sein - Zustandspassiv)
oder wean (werden - Tätigkeitspassiv) und dem Partizip
II gebildet:
i
wea ned gfrogd – ich werde nicht gefragt
i
bin ned gfrogd wuan – ich bin nicht gefragt worden
i
wea ned gfrogd wean – ich werde nicht gefragt werden
i
bin um ochde bschdööd – ich bin um 8 Uhr bestellt (=ich habe
einen Termin)
i
bin um ochde bschdööd gwesn – ich war um 8 Uhr bestellt.
i
wea um ochde bschööd sei – ich werde um 8 Uhr bestellt sein
Da
als einziges Präteritum woa existiert, können passive
Präteritum-Formen, die dieses Wort verwenden, gebildet werden:
ea
woa scho amoe faheiradd – er war schon einmal verheiratet
5.3.9 Verbgruppen
enthalten
bekanntermaßen meist eine Personalform, also ein Verb, das in Person
und Zahl bestimmt ist und ein oder mehrere unbestimmte Formen, also
Infinitiv oder Partizip II. Die Standardsprachliche Regel sagt: wenn
alle Teile der Verbgruppe am Ende des Satzes stehen (wie es in
Nebensätzen der Fall ist) steht die Personalform als letzter Teil:
wüsd
du sogn, das des nu ned gmochd wuan is?- willst
du sagen, dass das noch nicht erledigt worden ist?
dabei
gibt es in der Standardsprache eine Ausnahme: wenn die Verbgruppe
zwei Infinitive enthält, tritt die Personalform vor die anderen
Teile:
...,
dass der Unfall hätte vermieden werden können
Diese
Regel gilt im Dialekt nicht!
wiaso
glaubsd, dasd des heidd nimma mochn kenna hesd?
– wieso glaubst du, dass du das heute nicht mehr hättest
erledigen können?
5.4 Das Substantiv
5.4.1 Besonderheiten: Viele Kasus sind gleich
In
den allermeisten Fällen haben die Substantive nur zwei Formen: eine
Form für den Nominativ Singular, eine für die übrigen Fälle und
den Plural – oder: eine Form für den Singular und eine für den
Plural. Viele Wörter haben sogar nur eine Form. Das heißt, der
Kasus wird nicht durch den Suffix angezeigt, sondern nur durch
Artikel, Präposition oder Adjektiv – oder ist überhaupt nur aus
dem Sinnzusammenhang erkennbar.
Zwei
Formen:
Mensch:
da mensch, fom menschn; de menschn
Spatz: da
schbooz, fon schboozn; de schboozn
Bauer: da
baua, fom bauan; de bauan
Haus: a
haus, fon an haus; heisa
Mann: a
mau, fon an mau; mauna
Weib: a
weib, fon an weib; weiwa
Eine
Form:
Flasche: a
floschn, fon ana floschn; zwa floschn
Straße: a schdrossn, fon ana schdrossn; drei
schdrossn
Deklinationstabellen
sind also für das Substantiv wenig sinnvoll. Zur Deklination siehe
die entsprechenden Abschnitte Artikel, Pronomen, Adjektiv und
Präposition.
Hier
einige allgemeine Hinweise zur Bildung der Kasus:
Der
Genitiv wird entweder mit fon gebildet oder mit Artikel +
Substantiv + Possessivpronomen; Präpositionen, die in der
Standardsprache den Genitiv regieren, verlangen im Dialekt den Dativ.
Das
Dach des Hauses – des
doch fon haus (oder:
fom haus)1)
Die
Feder eines Vogels – de feda fon an fogl
Der
Bruder seines Freundes – da bruada fon sein freind
Peters
Vater - in Beda sei fodda (dem Peter sein
Vater)
Das
Spiel wurde wegen Regens abgesagt – des schbüü is wengan reng
ogsogd wuan
1)
Dialektsprecher, die mehr unter dem Einfluss einer
Standardsprachlichen Umgebung stehen, werden den Dativ auch eher mit
m sprechen. Der
ursprüngliche Dialekt kennt nur das –n
(das allerdings vor b
bzw. m zu einem –m
wird)
Der
Dativ, der Akkusativ. Beachtenswert ist, dass einige Formen des
Artikels und einiger Pronomen abgewandelt werden, wenn eine
Präposition vorausgeht.
gib
dena kinda a zuggal! – gib den Kindern ein Bonbon!
bisd
mid de kinda do? – bist du mit den Kindern da?
Über
die Abwandlung des Artikels siehe 1.1.1
5.4.2 Der Plural
Die
meisten Wörter bilden den Plural analog zur Standardsprache:
-
Standard-SpracheDialektBeispiel-en-n-n-nFrau - FrauenMensch - MenschenNadel - Nadelnfrau - fraunmensch - menschnnodl - nodln-e-e + Umlaut-UmlautTag - TageNacht - Nächtedog - dognochd - nechd-Umlaut-nUmlautZettel - ZettelVogel - Vögelzedl - zedlnfogl - fegl-er-er + Umlaut-s-a-a + Umlaut-sBild - BilderFeld - FelderWald - WälderAuto - Autosbüd - büdaföd, - födawoed - wödaauddo - auddos
Natürlich
gibt es viele Ausnahmen. Einige Beispiele:
sau
– sauna Sau – Säue (de sau, fon da sau)
wiadd
– wiaddn Wirt – Wirte (da wiadd, fon wiaddn,)
5.5 Das Adjektiv
Zu
den schwierigsten Dingen beim Erlernen der Deutschen Sprache gehört
der Gebrauch des Adjektivs mit seiner starken und schwachen
Deklination. Auch im Dialekt hängt die Art der Deklination des
Adjektivs von dem Wort ab, das ihm vorausgeht. In der Standardsprache
unterscheidet man drei Fälle:
- Das Adjektiv ohne Artikel (dazu gehören auch Adjektive nach: manch, solch, etwas, mehr usw.)
- Das Adjektiv nach dem bestimmten Artikel (dazu gehört auch: dieser, jener, jeder usw.)
- Das Adjektiv nach dem unbestimmten Artikel (dazu gehört auch: kein, mein, dein, sein usw.)
5.5.1 Das Adjektiv ohne Artikel
wird
im Dialekt praktisch nie verwendet; immer wird ein bestimmter oder
unbestimmter Artikel eingesetzt.
Beispiele:
mit
großem Applaus – mid an grossn ablaus
bei
hellichtem Tag – bein hölichdn dog
5.5.2 Das Adjektiv nach dem bestimmten Artikel
(sowie nach: dea, dasöwe,
deajenige, jeda, wöcha)
Nom
Gen
Dat
Akk
|
da scheene dog
fon scheen dog
in scheen dog
in
scheen dog
|
de scheene leich
fon da scheen leich
da scheen leich
de
scheene leich
|
des scheene liachd
fon scheen liachd
in scheen liachd
des
scheene liachd
|
Nom
Gen
Dat
Akk
|
de
scheen gschichdn
fon
de scheen gschichdn
de(na)
scheen gschichdn
de scheen
gschichdn
|
5.5.3 Das Adjektiv nach dem unbestimmten Artikel
Nom
Gen
Dat
Akk
|
a scheena dog
fon an scheen dog
an scheen dog
an
scheen dog
|
a
scheene leich
fon
ana scheen leich
ana
scheen leich
a scheene
leich
|
des scheene liachd
fon scheen liachd
in scheen liachd
des
scheene liachd
|
Nom
Gen
Dat
Akk
|
scheene gschichdn
fon scheene gschichdn
de(na) scheen gschichdn
de
scheen gschichdn
|
die schwache
unterscheidet sich von der starken (bzw. gemischten) Deklination also
nur durch den Nominativ Singular Maskulinum