Grammatik 2 - Wortarten

 

5  Wortarten

 

5.1  Der Artikel

 

5.1.1  Der bestimmte Artikel da, de, des



Singular
Nom
Gen
Dat
Akk
da
fon
(i)n
(i)n           
de
fon da
da
de            
des
fon
(i)n
des
Plural
Nom
Gen
Dat
Akk
de
fon de
de(na)
de
de
fon de
de(na)
de
de
fon de
de(na)
de                                       

statt des Genitivs mit fon kann auch das Possessivpronomen verwendet werden :


Singular
Gen
in ... sei da ... ia in ... sei
Plural
Gen
dena ... eana
dena ... eana
dena ... eana

Achtung: in diesem Fall muss das Possessivpronomen in Geschlecht, Fall und Zahl mit dem Wort übereingestimmt werden, auf das es sich bezieht! (siehe 1.2.4)
Beispiele:
in mau sei oaweidd – die Arbeit des Mannes
in mau seine kinda – die Kinder des Mannes
dena fraun eana gwaund – die Kleidung der Frauen
dena fraun eanare haunddoschn – die Handtaschen der Frauen

Beachte: in mehreren Formen wird der Artikel abgewandelt, wenn davor eine Präposition steht: die Formen, die in lauten, verlieren das i wenn eine Präposition vorausgeht; die Formen, die dena lauten, verlieren das –na, wenn eine Präposition vorausgeht:
sixd in oidn scho kumma? – siehst du den Alten schon kommen?
moch fia n oidn a essn! – mach für den Alten Essen
gib des göd dena fawaunddn – gib das Geld den Verwandten
des gauze göd fon de fawaunddn – das ganze Geld von den Verwandten

Beachte weiters: das -e in den verschiedenen Formen, bzw. das de- beim Neutrum Singular kann ausfallen! Damit verbunden ist oft ein Bedeutungs­wandel:
de frau hod kochd - die Frau hat gekocht (irgendeine Frau)
d frau hod kochd – meine Frau hat gekocht
de mauna gengan ins wiadshaus – die Männer gehen ins Wirtshaus
d mauna gengan gean ins wiadshaus – die Männer (alle) gehen gern ins Wirts­haus.
des kind is in da schue – das Kind ist in der Schule (allgemeine Aussage)
s kind is in da schue – das Kind ist in der Schule (das des Sprechers oder das Kind dessen, auf den sich ein Sachverhalt bezieht)





Der bestimmte Artikel bei Namen
Im Dialekt wird bei Namen von Personen immer der bestimmte Artikel verwendet: da beda, de grisdl, da schuali;
de ana-dandd hod heidd gebuadsdog – Tante Anna hat heute Geburtstag
de schwesta hildegad duad beddn – Schwester Hildegard betet




5.1.2  Der unbestimmte Artikel a



Singular
Nom
Gen
Dat
Akk
a
fon an
an
an
a
fon ana
ana
a
a
fon an
an
a

Genitiv mit Possessivpronomen:


Singular
Gen
an … sei
ana ... ia
an ... sei






Beachte: beim unbestimmten Artikel kann das a nie ausfallen. Es heißt immer: fia an mau is des ned leichd – für einen Mann ist das nicht leicht.
(fia n mau is des ned leichd hieße: für den Mann...)



5.2  Das Pronomen


5.2.1  Das Personalpronomen


In einigen Formen existieren betonte und unbetonte Versionen des Personalpronomens. Das Personalpronomen es hat keine betonte Form. Falls es betont verwendet werden soll, muss stattdessen das Demonstrativpronomen des verwendet werden. Der Genitiv der Personalpronomina wird praktisch nie verwendet (er würde wie das Possessivpronomen lauten: meina, deina usw.)

das betonte Personalpronomen
Singular   1.P.      2.P.        3.P. m      w          s
Nom
Dat
Akk
i
mia
mi
du
dia
di
ea
eam
eam
si
ia
si

Plural      1.P.          2.P.                    3.P.
Nom
Dat
Akk
mia
uns
uns
es
eich
eich
se
eana
se
 
das unbetonte Personalpronomen
 
Singular 1.P.        2.P.         3.P. m       w         s
Nom
Dat
Akk
i
ma
me
-
da
de
a
eam
n
s
ia
(a)s 1)
s
eam
(a)s 1)
Plural      1.P.         2.P.         3.P.
Nom
Dat
Akk
ma
uns
uns
-
eich
eich
s
eana
(a)s 1)
 
  1. beim Akkusativ der 3.Person Femininum und Neutrum wird zwischen einem in der 2.Person Singular stehenden Verb und dem s ein a eingeschoben: do sixdas im Ggs. zu ea siachds (dasselbe gilt für den Akkusativ 3.P. Plural nach einem Verb in der 2. P. Plural: hobdsas gseng? – habt ihr sie gesehen? jo, mia haums gseng

Achtung: Am (Neben-)Satzanfang stehen immer die Formen des betonten Pronomens. Beim neutralen Pronomen wird es gesagt: es is a jaumma! – es ist ein Jammer!

Beispiele: (betonte Wörter/Silben sind unterstrichen):


betont
unbetont
i hobs ghead, du ned –
ich hab’s gehört, du nicht.
howis1) ghead? hosdas2) a ghead? – hab ich’s gehört? hast du es auch gehört?
do schded ea, duadd si
da steht er, dort sie.
do schdeda – da steht er;


giwi des dia? – geb’ ich das dir?
i gib da wos – ich gebe dir etwas;
i siach nua eam! – ich sehe nur ihn!
i sichn – ich sehe ihn;
sixd si duadd midn rodn huad?-
siehst du sie dort mit dem roten Hut?
sixdas? – siehst du sie (bzw. siehst du es?)
haum mia a scho zoid? –
haben wir auch schon bezahlt?
wos haumma do? – was haben wir da?
  1. hier werden 2 Pronomina zusammengezogen: -i und -s (ich, es, beide unbetont)
  2. das du fällt aus, weil es unbetont ist, -s heißt es


5.2.2  Das Demonstrativpronomen

dea, deajenige, dasöwe; (für dieser und jener gibt es keine Entsprechung)


dea:


Singular
Nom
Gen
Dat
Akk
dea
fon den
den
den
de
fon deara
deara
de
des
fon den
den
des
Plural
Nom
Gen
Dat
Akk
de
fon de(na) 1)
de(na) 2)
de


  1. fon de im Genitiv Plural wird zu fon denan erweitert, wenn es als Stellvertreter für ein Substantiv steht:
de oaweidd fon de hakla is gschissndie Arbeit der (dieser) Arbeiter ist unangenehm; aber:
de oweidd fon dena mechadi a ned mochn. – die Arbeit derer möchte ich auch nicht machen

2) wie beim bestimmten Artikel fällt auch hier das –na weg, wenn eine Präposition vorausgeht.

Bei Personen ist es oft schöner, als Genitiv die Dativ-Possessivpronomen-Konstruktion zu verwenden: heidd kumd ia schwesda und deara ia freind (nicht: da freind fon deara) – heute kommt ihre Schwester und deren Freund.

Beim Dativ den (gib den oidn mau an euro!) ist v.a. von gebildeteren Sprechern heute immer öfter dem zu hören. Das selbe gilt für denjenigen (und analog für fon söbm – fomsöbm)


deajenige:


Singular
Nom
Gen
Dat
Akk
deajenige
fon denjenigen
denjenigen
denjenigen
dejenige
fon deajenigen
deajenigen
dejenige
desjenige
fon denjenigen
denjenigen
desjenige
Plural
Nom
Gen
Dat
Akk
dejenigen
fon dejenigen
dejenigen
dejenigen

dasöwe:


Singular
Nom
Gen
Dat
Akk
dasöwe
fonsöbm
insöbm
insöbm
desöwe
fon dasöbm
dasöbm
desöwe
dessöwe
fonsöbm
insöbm
dessöwe
Plural
Nom
Gen
Dat
Akk
desöbm
fon desöbm
de(na)söbm1)
desöbm

1) wie beim bestimmten Artikel fällt auch hier das –na weg, wenn eine Präposition vorausgeht.


5.2.3  Das Reflexivpronomen



i ... me
du ... de
ea,si,es ... se
mia … se
es … eich
se … se
i wosch me
du woschd de
ea woschd se
mia woschn se
es woschds eich
se woschn se



5.2.4  Das Possessivpronomen




1.P
2.P
3.P
Singular
mei
dei
sei
ia
sei
Plural
unsa
eicha
eana


Singular
m
w
s
Nom
Gen
Dat
Akk
mei, dei, sei bruada
fon -n bruadan
-n bruadan
-n bruadan
- schwesda
fon -na schwesda
-na schwesda
- schwesda
- haus
fon -n haus
-n haus
- haus
Plural

Nom
Gen
Dat
Akk
-ne gschwisda
fon -ne gschwisda
-ne gschwisda
-ne gschwisda


Singular
m
w
s
Nom
Gen
Dat
Akk
ia, unsa, eicha, eana bruada
fon -n bruadan
-n bruadan
-n bruada
- schwesda
fon -ra schwesda
-ra schwesda
- schwesda
- haus
fon -n haus
-n haus
- haus
Plural

Nom
Gen
Dat
Akk
-re gschwisda
fon -re gschwisda
-re gschwisda
-re gschwisda



5.3  Das Verb


Wie in vielen süddeutschen Dialekten, existiert auch im St.Pöltner Dialekt (für Vollverben) kein Präteritum. Ausnahme: sei (sein) besitzt das Präteritum woa (war). Daher können Zeitformen mit war sehr wohl gebildet werden:
ich war da – i woa do.
ich hatte Zeit – (keine Entsprechung)



Präsens
Perfekt
Plusquamperfekt
Futur I
Futur II
si schreibd
si hod gschriim
si hod gschriim ghobd
si wird schreim
si wiad gschriim haum



5.3.1  Präsens


Infinitiv: das –n der Standardsprache wird oft durch –a ersetzt oder fällt aus, daher erscheint der Infinitiv etwas uneinheitlich:
sizzn, gee, schbringa (sitzen, gehen, springen)



frogn – fragen, gee – gehen:



Indikativ
Konjunktiv
Konjunktiv mit dad+Infinitiv

i
du
er
si
es
mia
es
se
frog
frogsd

frogd

frogn
frogds
frogn
frogad
frogasd

frogad

frogadn
frogads
frogadn
dad frogn
dadasd frogn

dad frogn

dadn frogn
dadads frogn
dadn frogn

i
du
er
si
es
mia
es
se
gee
gesd

ged

gengan
geds
gengan
gangad
gangasd

gangad

gangadn
gangads
gangadn
dad gee
dadasd gee

dad gee

dadn gee
dadads gee
dadn gee




Die beiden Konjunktivformen werden unterschiedlich verwendet:

Die erste Variante wird häufig in der 1.Person verwendet und drückt oft einen Wunsch oder eine Vorstellung aus, oder dient zur höflichen Umschreibung einer Aufforderung:

i gangad jezd aum liabsdn ham – jetzt würde ich am liebsten nach hause gehen!
i hed gean a griagl bidde! – ich hätte gern ein Krügerl (Bier), bitte!
i schreiwad des wuadd mid dobbe-de – ich würde das Wort mit doppel-d schreiben.
hoidasd jezd bidde in schlabfn?- würdest du jetzt bitte den Mund halten?

Die Zweite Variante drückt eher den Sachverhalt einer Bedingung aus, weiters kann man damit zum Ausdruck bringen, dass man eine Handlung auch wirklich zu tun gedenkt:

i dad jo gean gee – ich würde ja gern gehen (wenn ich nur dürfte!)
dadads ia fia mi wos mochn? – würdet ihr für mich etwas tun? (wenn ich euch darum bitte)
ea hod gsogd, ea dad mi midn auddo hifian – er sagte, er würde mich mit dem Auto hinfahren (das würde er wirklich tun!)



der österreichische Indikativkonjunktiv

Wie auch im übrigen Ostösterreich üblich, wird in St.Pölten gern der Konjunktiv verwendet, wo er eigentlich einen Indikativ ausdrückt:

Beispiele:
Ein Lieferant kommt zum Lagerarbeiter und sagt:
i bringad de kaneurealn! – ich bringe die Kanalrohre
Ein Techniker der Telekom läutet an der Wohnungstür:
dag! i kamad wengan delefonauschluss – guten Tag, ich komme wegen des Telefonanschlusses
Ein Kunde, der telefonisch avisiert wurde, steht vor dem Verkäufer:
i warad jezd do! – da bin ich!



5.3.2  Partizip I


wird gebildet, indem an den Wortstamm –ad angehängt wird (Ausnahme: Wörter, die in der Standardsprache auf –ern enden, bilden das Partizip mit –nd):

schlofn – schlofad (schlafend)
rean – rearad (weinend; das r wird wegen der aufeinandertreffenden a eingefügt)
lochn – lochad (lachend)
bresln – breslad (bröselnd)
gee – geead (gehend)
singa – singad (singend)
zidan – zidand (zitternd)

der Gebrauch des Partizips als Artangabe (sie lief weinend vorbei) ist im Dialekt selten. In diesem Fall wird das Partizip meist substantiviert:
si is ois a rearade fuabeigrend (wörtlich: als eine Weinende)

Häufiger wird das Partizip I als Attribut bei einem Substantiv gebraucht:
de hadschade oide – die hinkende Alte.

Nicht bei allen Verben ist das Partizip I gebräuchlich, z.B. hört man nie: mid an frogadn gsichd (mit fragendem Gesicht), aber sehr wohl: mid an lochadn gsichd. nie: beddade hend (betende Hände), aber: zidande hend (zitternde Hände)





5.3.3  Partizip II


Bei regelmäßigen Verben endet es auf -d, bei unregelmäßigen Verben (meist) auf -n. Ob das Partizip II mit g- beginnt, hängt davon ab, ob die entstehende Konsonantengruppe leicht auszusprechen ist oder nicht. Als nicht leicht auszusprechen gelten:
gb, gd, gg, gk, gx, gz
Leicht auszusprechen sind dagegen:
gf, gh, gj, gl, gm, gn, gr, gs, gw, gsch
außerdem fällt natürlich genauso wie in der Standardsprache das g- bei nicht auf der ersten Silbe betonten Wörtern weg, also z.B. wenn das Verb eine nicht abtrennbare Vorsilbe wie be- ent- ver- usw. hat. Abtrennbare Vorsilben treten vor das g-: fuaschdöön – fuagschdööd (vorstellen); auch Wörter auf –ian (Stdspr.: -ieren) und einige andere bekommen kein g- : frisian - frisiad






einige Beispiele:

regelmäßig mit g-
reden – geredet redn – gredd
ackern – geackert oggan – goggad

regelmäßig ohne g-
beten – gebetet beddn – bedd
danken – gedankt daunggn – daunggd

unregelmäßig mit g-
fahren – gefahren foan – gfoan
gewinnen – gewonnen gwina – gwuna
sinken – gesunken singgn – gsunggn

unregelmäßig ohne g-
binden – gebunden bindn – bundn
denken – gedacht denggn – dochd




5.3.4  Perfekt


Infinitiv: Partizip II + haum (bzw. sei)
se wean sicha wida üwa mi gredd haum! – sie werden sicher wieder über mich geredet haben!
es soe in da zeidung gschdaundn sei – es soll in der Zeitung gestanden haben


Die Formen des Perfekts werden gebildet mit den Personalformen von hob oder bin plus dem Partizip II;
der Konjunktiv benutzt stattdessen die Personalformen von hedad1) und warad2)




Indikativ
Konjunktiv


i
du
er
si
es
mia
es
se
hob gfrogd
hosd gfrogd

hod gfrogd

haum gfrogd
hobds gfrogd
haum gfrogd
hedad gfrogd
hedasd gfrogd

hedad gfrogd

hedadn gfrogd
hedads gfrod
hedadn gfrogd


i
du
er
si
es
mia
es
se
bin gaunga
bisd gaunga

is gaunga

san gaunga
sads gaunga
san gaunga
warad gaunga
warasd gaunga

warad gaunga

waradn gaunga
warads gaunga
waradn gaunga


  1. statt hedad hört man auch oft das etwas urbanere hed (i hed, du hesd, er hed usw.)
  2. statt warad ist auch das einfachere waa üblich (i waa, du wasd, ea waa, mia waan, es wads)

5.3.5  Plusquamperfekt


wird gebildet mit den Formen des Perfekts plus dem Partizip II von haum bzw. sei, also ghobd und gwesn




Indikativ
Konjunktiv


i
du
er
si
es
mia
es
se
hob gfrogd ghobd
hosd gfrogd ghobd

hod gfrogd ghobd

haum gfrogd ghobd
hobds gfrogd ghobd
haum gfrogd ghobd
hedad gfrogd ghobd
hedasd gfrogd ghobd

hedad gfrogd ghobd

hedadn gfrogd ghobd
hedads gfrod ghobd
hedadn gfrogd ghobd

i
du
er
si
es
mia
es
se
bin gaunga gwesn
bisd gaunga gwesn

is gaunga gwesn

san gaunga gwesn
sads gaunga gwesn
san gaunga gwesn
woa gaunga
woasd gaunga

woa gaunga

woan gaunga
woads gaunga
woan gaunga
warad gaunga gwesn
warasd gaunga gwesn

warad gaunga gwesn

waradn gaunga gwesn
warads gaunga gwesn
waradn gaunga gwesn

da es von sei (sein) ein Präteritum woa (war) gibt, sind auch Formen des Plusquamperfekts mit diesem Wort möglich, wenn auch selten.


5.3.6  Futur I





Indikativ
Konjunktiv


i
du
er
si
es
mia
es
se
wea frogn
wiasd frogn

wiad frogn

wean frogn
weads frogn
wean frogn
wuaddad frogn
wuaddasd frogn

wuaddad frogn

wuaddadn frogn
wuaddads frogn
wuaddadn frogn


i
du
er
si
es
mia
es
se
wea gee
wiasd gee

wiad gee

wean gee
weads gee
wean gee
wuaddad gee
wuaddasd gee

wuaddad gee

wuaddadn gee
wuaddads gee
wuaddadn gee




5.3.7  Futur II





Indikativ
Konjunktiv


i
du
er
si
es
mia
es
se
wea gfrogd haum
wiasd gfrogd haum

wiad gfrogd haum

wean gfrogd haum
weads gfrogd haum
wean gfrogd haum
wuaddad gfrogd haum
wuaddasd gfrogd haum

wuaddad gfrogd haum

wuaddadn gfrogd haum
wuaddads gfrogd haum
wuaddadn gfrogd haum


i
du
er
si
es
mia
es
se
wea gaungan sei
wiasd gaungan sei

wiad gaungan sei

wean gaungan sei
weads gaungan sei
wean gaungan sei
wuaddad gaungan sei
wuaddasd gaungan sei

wuaddad gaungan sei

wuaddadn gaungan sei
wuaddads gaungan sei
wuaddadn gaungan sei






5.3.8  Passiv


wird mit den Personalformen von sei (sein - Zustandspassiv) oder wean (werden - Tätigkeitspassiv) und dem Partizip II gebildet:

i wea ned gfrogd – ich werde nicht gefragt
i bin ned gfrogd wuan – ich bin nicht gefragt worden
i wea ned gfrogd wean – ich werde nicht gefragt werden
i bin um ochde bschdööd – ich bin um 8 Uhr bestellt (=ich habe einen Termin)
i bin um ochde bschdööd gwesn – ich war um 8 Uhr bestellt.
i wea um ochde bschööd sei – ich werde um 8 Uhr bestellt sein


Da als einziges Präteritum woa existiert, können passive Präteritum-Formen, die dieses Wort verwenden, gebildet werden:
ea woa scho amoe faheiradd – er war schon einmal verheiratet

5.3.9  Verbgruppen


enthalten bekanntermaßen meist eine Personalform, also ein Verb, das in Person und Zahl bestimmt ist und ein oder mehrere unbestimmte Formen, also Infinitiv oder Partizip II. Die Standardsprachliche Regel sagt: wenn alle Teile der Verbgruppe am Ende des Satzes stehen (wie es in Nebensätzen der Fall ist) steht die Personalform als letzter Teil:

wüsd du sogn, das des nu ned gmochd wuan is?- willst du sagen, dass das noch nicht erledigt worden ist?

dabei gibt es in der Standardsprache eine Ausnahme: wenn die Verbgruppe zwei Infinitive enthält, tritt die Personalform vor die anderen Teile:
..., dass der Unfall hätte vermieden werden können

Diese Regel gilt im Dialekt nicht!

wiaso glaubsd, dasd des heidd nimma mochn kenna hesd? – wieso glaubst du, dass du das heute nicht mehr hättest erledigen können?


5.4  Das Substantiv


5.4.1  Besonderheiten: Viele Kasus sind gleich


In den allermeisten Fällen haben die Substantive nur zwei Formen: eine Form für den Nominativ Singular, eine für die übrigen Fälle und den Plural – oder: eine Form für den Singular und eine für den Plural. Viele Wörter haben sogar nur eine Form. Das heißt, der Kasus wird nicht durch den Suffix angezeigt, sondern nur durch Artikel, Präposition oder Adjektiv – oder ist überhaupt nur aus dem Sinnzusammenhang erkennbar.

Zwei Formen:
Mensch: da mensch, fom menschn; de menschn
Spatz: da schbooz, fon schboozn; de schboozn
Bauer: da baua, fom bauan; de bauan
Haus: a haus, fon an haus; heisa
Mann: a mau, fon an mau; mauna
Weib: a weib, fon an weib; weiwa

Eine Form:
Flasche: a floschn, fon ana floschn; zwa floschn
Straße: a schdrossn, fon ana schdrossn; drei schdrossn

Deklinationstabellen sind also für das Substantiv wenig sinnvoll. Zur Deklination siehe die entsprechenden Abschnitte Artikel, Pronomen, Adjektiv und Präposition.

Hier einige allgemeine Hinweise zur Bildung der Kasus:

Der Genitiv wird entweder mit fon gebildet oder mit Artikel + Substantiv + Possessivpronomen; Präpositionen, die in der Standardsprache den Genitiv regieren, verlangen im Dialekt den Dativ.

Das Dach des Hauses des doch fon haus (oder: fom haus)1)
Die Feder eines Vogels – de feda fon an fogl
Der Bruder seines Freundes – da bruada fon sein freind
Peters Vater - in Beda sei fodda (dem Peter sein Vater)
Das Spiel wurde wegen Regens abgesagt – des schbüü is wengan reng ogsogd wuan
1) Dialektsprecher, die mehr unter dem Einfluss einer Standardsprachlichen Umgebung stehen, werden den Dativ auch eher mit m sprechen. Der ursprüngliche Dialekt kennt nur das –n (das allerdings vor b bzw. m zu einem –m wird)

Der Dativ, der Akkusativ. Beachtenswert ist, dass einige Formen des Artikels und einiger Pronomen abgewandelt werden, wenn eine Präposition vorausgeht.
gib dena kinda a zuggal! – gib den Kindern ein Bonbon!
bisd mid de kinda do? – bist du mit den Kindern da?

Über die Abwandlung des Artikels siehe 1.1.1


5.4.2  Der Plural


Die meisten Wörter bilden den Plural analog zur Standardsprache:


Standard-
Sprache
Dialekt
Beispiel
-en

-n
-n

-n
Frau - Frauen
Mensch - Menschen
Nadel - Nadeln
frau - fraun
mensch - menschn
nodl - nodln
-e
-e + Umlaut
-
Umlaut
Tag - Tage
Nacht - Nächte
dog - dog
nochd - nechd
-
Umlaut
-n
Umlaut
Zettel - Zettel
Vogel - Vögel
zedl - zedln
fogl - fegl
-er

-er + Umlaut
-s
-a

-a + Umlaut
-s
Bild - Bilder
Feld - Felder
Wald - Wälder
Auto - Autos
büd - büda
föd, - föda
woed - wöda
auddo - auddos

Natürlich gibt es viele Ausnahmen. Einige Beispiele:

sau – sauna Sau – Säue (de sau, fon da sau)
wiadd – wiaddn Wirt – Wirte (da wiadd, fon wiaddn,)




5.5  Das Adjektiv


Zu den schwierigsten Dingen beim Erlernen der Deutschen Sprache gehört der Gebrauch des Adjektivs mit seiner starken und schwachen Deklination. Auch im Dialekt hängt die Art der Deklination des Adjektivs von dem Wort ab, das ihm vorausgeht. In der Standardsprache unterscheidet man drei Fälle:
  • Das Adjektiv ohne Artikel (dazu gehören auch Adjektive nach: manch, solch, etwas, mehr usw.)
  • Das Adjektiv nach dem bestimmten Artikel (dazu gehört auch: dieser, jener, jeder usw.)
  • Das Adjektiv nach dem unbestimmten Artikel (dazu gehört auch: kein, mein, dein, sein usw.)

5.5.1  Das Adjektiv ohne Artikel

wird im Dialekt praktisch nie verwendet; immer wird ein bestimmter oder unbestimmter Artikel eingesetzt.
Beispiele:
mit großem Applaus – mid an grossn ablaus
bei hellichtem Tag – bein hölichdn dog

5.5.2  Das Adjektiv nach dem bestimmten Artikel

(sowie nach: dea, dasöwe, deajenige, jeda, wöcha)


Nom
Gen
Dat
Akk
da scheene dog
fon scheen dog
in scheen dog
in scheen dog
de scheene leich
fon da scheen leich
da scheen leich
de scheene leich
des scheene liachd
fon scheen liachd
in scheen liachd
des scheene liachd
Nom
Gen
Dat
Akk
de scheen gschichdn
fon de scheen gschichdn
de(na) scheen gschichdn
de scheen gschichdn

5.5.3  Das Adjektiv nach dem unbestimmten Artikel



Nom
Gen
Dat
Akk
a scheena dog
fon an scheen dog
an scheen dog
an scheen dog
a scheene leich
fon ana scheen leich
ana scheen leich
a scheene leich
des scheene liachd
fon scheen liachd
in scheen liachd
des scheene liachd
Nom
Gen
Dat
Akk
scheene gschichdn
fon scheene gschichdn
de(na) scheen gschichdn
de scheen gschichdn

die schwache unterscheidet sich von der starken (bzw. gemischten) Deklination also nur durch den Nominativ Singular Maskulinum