Essen vor der Erfindung der Tiefkühlpizza
Zu behaupten, es gäbe eine eigenständige St.Pöltner Küche, ist natürlich Unfug. 1848 hatte St.Pölten gerade mal 4500 Einwohner, erst nach der einsetzenden Industrialisierung stieg die Bevölkerung sprunghaft auf eine Größe von fast 22000 im Jahr 1922.
Die Küche in der Stadt war daher hauptsächlich die Küche einfacher Industriearbeiter. Die St.Pöltner aßen, was auch im Umland und in Wien gegessen wurde: die Österreichische und Böhmische Küche.
Die Reihenfolge war immer Suppe - Hauptspeise (-Nachspeise) Andere Vorspeisen außer Suppe waren selten, manchmal gab es sogar Mehlspeisen als Hauptspeise. Ein Salat war immer dabei. Ja und die Getränke bekamen wir als Kinder immer erst nach dem Essen.
subbm (Suppe)
a schdoosubbm [ˈʃto:sub:m] - Stohsuppe. Für die Zubereitung wird Wasser mit Kümmel aufgekocht, Sauermilch und Sauerrahm mit dem Mehl glattgerührt, in das kochende Wasser eingerührt und mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt. In der Suppe können auch kleine Kartoffelstücke mitgekocht werden.
gulaschsubbm - Gulaschsuppe. In Ungarn wird ausschließlich die Suppe mit „Gulyás“ bezeichnet, das im deutschen Sprachraum mit „Gulasch“ benannte Schmorgericht heißt jedoch Pörkölt.
baradeissubbm - Tomatensuppe
rindsubbm oder hendlsubbm - Rindsuppe, Hühnersuppe
eidrabfds [ˈɛ̃dʀapfts] - Eintropfsuppe (oder Einlaufsuppe, wie sie in D genannt wird - nein, auch dort wird sie über den Mund zugeführt). Aus Ei und Mehl wird eine zähflüssige Masse gerührt und in die kochende Suppe getropft.
Weitere beliebte Suppeneinlagen waren
boggeabsn [ˈbɔg:əɐbsn] - Backerbsen werden seit den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts wohl nur mehr fertig gekauft.
griasnoggal [ˈgʀiɐsnog:aɫ] - Grießnockerl (in D: Grießklößchen)
lewagnedl [ˈlevagnedɫ] - Leberknödel (in Böhmen: játrové knedlíčky)
fridaddn [fʀiˈdad:n] - Frittaten (Achtung, das a ist kurz und betont, also eigentlich sollten sie Fridatten heißen ;-) in D: Flädle- oder Pfannkuchensuppe genannt, in Ungarn palacsintatésztaleves. Eierkuchen, also Palatschinken, werden gerollt und geschnitten und kurz vor dem Essen in die Suppe gegeben.
lungenschdrudl - Lungenstrudel besteht aus einem Strudelteig, der mit faschiertem Beuschel (also Lungenhaschee) gefüllt ist.
haubdschbeis (Hauptspeise)
eibrende fisoin [ˈɛ̃bʀendə fiˈsoɪn] - grüne Bohnen in Einbrennsauce. Aus einer Einbrenne (Mehlschwitze) und Suppe wird eine Sauce gemacht, in die die gekochten Fisolen gerührt werden.
kööch [kœ:ç]- Kohl, in D: Wirsing. Meistens auch eibrend (eingebrannt)
kochsolod - Kochsalat ist Römersalat als Gemüse gedünstet.
kafioe - Karfiol (D: Blumenkohl)
schmoan, eadöbfeschmoan oda keisaschmoan - Schmarrn gabs immer wieder auch als Hauptspeise. Der berühmte Kaiserschmarrn ist ein Teig aus Milch, Eiern und Mehl, der in Butter gebacken und dann in kleine Stücke zerteilt wird. Was nicht fehlen darf: Staubzucker. Worüber schon Ehen zerbrochen sind: Rosinen ja oder nein.
geamgnedl - Germknödel sind große Knödel aus Hefeteig, gefüllt mit Powidl (aus tschechisch povidla - ein Mus, das aus den Früchten der Zwetschke hergestellt wird) und mit Mohn, Staubzucker und zerlassener Butter übergossen.
Häufig nur am Wochenende gab es Fleisch: rindfleisch, schweinanes (Schweinefleisch), hendlfleisch (Hühnerfleisch), aber auch: a köwanes (Kalb), a schöbbsanes (Hammel), an kiniglhosn (Kaninchen), an indian (Truthahn), a anddn (Ente), a wüüd (Wildbret) - öfters aber auch Fisch.
schnizl - schweinsbrodn - gulasch ist die heilige Dreifaltigkeit in unserer Küche:
schnizl - Schnitzel wurden meist als Wiener (jedoch vom Schwein anstatt vom Kalb) gebacken, also mit einer Panier aus Brösel, dazu eadebbfe (Kartoffeln). Auf das Fleisch ein paar Tropfen Zitrone, das wars. Daneben gab es aber auch nadurschnizl, rindsschnizl und hendlschnizl
schweinsbrodn [ˈʃvɛnsbʀɔdn] - Schweinsbraten (in D: Schweinebraten) Idealerweise von der Schulter, immer kräftig mit Kümmel und Knoblauch gewürzt. Ohne Kümmel findet man den Schweinsbraten nur westlich von Oberösterreich - also in einer Gegend, von der man getrost annehmen kann, dass man ihn dort nicht richtig zubereiten kann.
In unserer Gegend sind Semmelknödel oder Serviettenknödel als Beilage Pflicht (Kartoffelknödel sind nur in Ausnahmefällen erlaubt)
gulasch oder auch golasch ausgesprochen - das bekannte Gulasch. Obwohl das Wort aus dem ungarischen stammt (Gulyás), heißt dort das Gulasch Pörkölt. Gulasch ist ein Ragout, das aus Rind- oder Schweinefleisch, auch kombiniert, zubereitet wird. Bei allen Rezepten spielen Paprika und Zwiebeln, Kümmel und Knoblauch eine wesentliche Rolle. (Alles was in Deutschland als Gulasch angeboten wird und keinen Paprika oder Kümmel enthält, ist kein Gulasch!)
Der große Vorteil von Gulasch ist: es wird mit jedem Aufwärmen besser!
schdözzn [ʃtœ̆tsn] - die Schweinsstelze ist in Bayern als Schweinshaxe und in Deutschland als Eisbein bekannt. Bei uns wird sie im Backofen (im "Rohr") zubereitet, wodurch sich die Schwarte in eine wunderbar mürbe Kruste verwandelt.
graudfleisch - Krautfleisch ist Schweinefleisch in Sauerkraut gedünstet.
reisfleisch - Reisfleisch ist ein Gulasch, das mit Reis fertiggedünstet wird
karee [kaˈʀə:] - Karree nennt man in der Pfanne oder auf dem Grill gebratene Rippenstücke. Man sagt auch kodledd [kɔdˈɫət] - Schweinskotelette dazu
beischl - Beuschel ist Lungenhaschee und wie alle Innereien nicht jedermanns Sache. Siehe dazu auch: http://www.spiegel.de/reise/staedte/0,1518,488779,00.html
suiz - Sülze Schweineschwarten, -füße oder -schweife in Aspik. Naja, auch nicht jedermanns Sache.
gresde lewa - heißt geröstete Leber (es soll aber auch schon anders verstanden worden sein - ein Mann bestellt im Lokal: hea owa! i hed gean di gresde lewa. Darauf sein Freund: nau daun bringans mia hoid di zweiddgresde!)
rindsroladen - Rindsrouladen. Fast jede Hausfrau (und wahrscheinlich jeder Hausmann) besitzt bei uns eine Anzahl von Rouladenklammern, die bei der Zubereitung der Rindsrouladen gebraucht werden. Bei uns werden die Rouladen mit Essiggurken, Speck und Karotten gefüllt.
fleischlawal mid eadebfebüree [ˈflɛʃlavaɫ mid ˌəɐdəbfəbyˈrə:] - ebenfalls ein Klassiker sind Fleischlaberl oder Faschierte Laibchen (ungarisch: fasírozott) Das sind Hackfleisch - Laibchen, in der Regel von Rind und Schwein. Dazu immer: Kartoffelpüree.
saumaasn - Saumaisen. Zur Zubereitung werden geselchtes Teilsames (Stücke von Pökelfleisch) oder geselchter Schopfbraten (Schweinenacken) mit Zwiebeln und Knoblauch mehrfach durch den Fleischwolf gedreht, mit Paprika, Zitronenschale, Salz und Pfeffer gewürzt, die Masse zu Knödel geformt und in gewässerte Stücke von Schweinenetz gebunden. Nachdem sie einige Stunden gekühlt wurden, werden sie gekocht oder im Backofen gebraten und meist mit Sauerkraut und Kartoffeln serviert.
düngreidlsoss Dill-Sauce. Manche hassen sie, für manche ist es die beste Speise der Welt. Immer dazu: gekochtes Rindfleisch, meist Schulterscherzl oder Tafelspitz
semmegree [ˈsem:əˌgʀẽ] - Semmelkren. Ebenso verhält es sich mit dieser Speise, einer Mischung aus geriebenen Semmeln und Meerrettich. Auch dazu gibt es meistens Tafelspitz.
sauagraud - zum Sauerkraut gabs häufig a gsöchds (Geselchtes = gekochtes geräuchertes Fleisch)
blaugraud - dass das Rotkraut bei uns Blaukraut heißt, kann an der Zubereitung liegen. Rotkraut ist nämlich ein guter pH-Indikator. Wie Lackmus reagiert es mit einem Farbumschlag von Blau zu Rot auf eine Änderung des Säuregehaltes
solod (Salat)
andüfesolod - Endiviensalathabbesolod - Häuptelsalat heißt der Kopfsalat in Ö
eadebfesolod - Kartoffelsalat
guaggnsolod - Gurkensalat
graudsolod - Krautsalat
kinakoi - Chinakohl
nochschbeis (Nachspeise)
bochane meis - gebackene Mäuse sind nicht das was man befürchtet, es ist eine Mehlspeise aus in Öl gebackenem Teig
buchdln mid an bowidl drin - Buchteln mit Powidl eine Mehlspeise aus Hefeteig, gefüllt mit Powidl (siehe Germknödl) Häufig werden sie mit heißer Vanillesauce übergossen.
holaresda oda holaridscha oda holakoo - also Hollerröster, Hollerkoch nennt man eine Speise, die aus den gekochten Beeren des Holunders gemacht wird
zua jausn oda zum nochdmoi (zur Jause oder zum Abendbrot):
wuaschd: a diare, a boinische, a exdra, a graggaua -Wurst: Dürre, Polnische, Krakauer
kaas: gwaagl, gauda, geheimrodskaas - Käse: Quargl, Gauda, Geheimratskäse
schofkaas - Schafkäse (immer Schafmischkäse)
a brod mid reddich - Rettich hießen bei uns die Radieschen
Ma! hab ich doch glatt die "ogresdn gnedl" vergessen: die Knödel, die vom Mittagessen übrigbleiben, werden am Abend in der Pfanne mit einem Ei abgebraten.
AntwortenLöschenwas ich nicht mehr wusste: die Beilage wurde zuaschbeis genannt
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