Sonntag, 25. August 2013

s weda

das Wetter in St.Pölten 

graad da hau aum misd, endad si s weda oda s bleibd wia s is. Diese allgemeingültige Wetterregel kann getrost auch auf das Wetter in der niederösterreichischen Landeshauptstadt angewendet werden. Aber eine andere Regel gab es nur in dieser Stadt. Gab es, denn sie ist, Gott sei Dank, nicht mehr aktuell:

Glanzstoff-Fabrik 1904
Bis zum Jahr 2008 produzierte die Glanzstoff-Fabrik im Norden der Stadt Viskosefasern. Dabei entstand durch den Ausstoß von Kohlenstoffdisulfid und Schwefelwasserstoff ein typischer Geruch nach faulen Eiern, der St.Pölten über Jahre hinweg bei allen Durchreisenden bekannt machte, die nicht einmal einen Fuß in die Stadt zu setzen brauchten, um zu wissen: in St.Pölten stinkts. Die Einwohner, die im Norden zuhause waren, hatten anscheinend irreversible Veränderungen in ihrem Geruchsorgan erlitten, denn sie versicherten, nichts zu riechen. Alle, die südlich der Westbahnstrecke wohnten, nahmen allerdings die schwankenden Intensitäten des Schwefelgeruchs wahr und leiteten daraus die Wetterregel ab:

waun d glaunzschdof schdingd, kumd a regn  -  wenn die Glanzstoff stinkt, kommt Regen

regn [ʀegŋ] - Regen   aber:  renga ['ʀeŋɐ] - regnen.   Regen wird mit einem ŋ am Schluss gesprochen, das g davor ist fast nicht mehr vorhanden. Beim Verb verschwindet es vollends und es wird am Ende wie das standardsprachliche Wort "Ringer" gesprochen.

regnwuazzn
regnwuazzn - Regenwurzen  sind hakenförmige Cirrus-Wolken am blauen Himmel, die so heißen, weil sie einen Wetterumschwung ankündigen.
es drebbfed scho - wenn es tröpfelt, wird es jeden Moment richtig losgehen
an schledara oder an schüdda macht es, wenn es kurz aber heftig regnet, dann daschld das Wasser aus den Regenrinnen aufs Pflaster.  
es waschld sagt man hingegen übers Wetter, wenn es den ganzen Tag ordentlich dahin regnet. Wer dann keinen Schirm dabei hat (ganz alte St.Pöltner sagten noch: barablüü - vom französischen parapluie), der wird waschl-nos (patschnass). 
nau, jezd kauns es owa! ist ein Ausruf, der so viel bedeutet wie: na, jetzt ist der Regen aber ziemlich heftig!
Wenn der Regen richtig stark und langanhaltend ist, kann man auch sagen: 
es rengd schuasdabuam! (es regnet Schusterjungen), da nutzt es nicht mehr viel, eine
Wetterhexe
wedahexx (Wetterhexe) aufzusetzen. So hieß dieses Ding aus transparentem Kunststoff in der Größe eines Kopftuchs, das vor allem die Frisur der Damen schütze, wenn sie sich z.B. gerade d hoa frisch eidraad hatten (gerade erst die Haare mit Lockenwicklern eingedreht)
wedafleg - Wetterfleck nannte man einen Umhang aus Loden,
belarine - Pelerine einen ärmellosen Regenmantel aus Kunststoff, der genau wie der Wetterfleck über dem normalen Gewand getragen wurde.
es duad nöwereissn - Nebelreißen ist die Bezeichnung für den feinen Sprühregen, der mit dem Nebel manchmal einhergeht.
es duad nua so a wengal draurenga ['dʀɑ̃:ʀeŋɐ] - es regnet nur so ein bisschen dahin - man weiß nicht, wird das noch ein richtiger Regen, oder hört es bald auf.

Nach den drei Eisheiligen Pankratius, Servatius und Bonifatius kommt am 14.Mai die Hl. Sophie. Eine Wetterregel sagt, dass es an diesem Tag meist regnet, darum nennt man die Heilige hier auch:
de rearade soffal - die weinende Sopherl

a weda  ist ein Gewitter. Zur Präzisierung kann man sagen: a dunaweda (Donnerwetter). Zu uns Kindern sagte man dann:
da himmefodda schimbfd - der Himmelvater schimpft.
Und wenn es richtig arg donnert und blitzt, dann sagen manche ängstliche Gemüter:
do ged an da schiach au - wörtlich heißt das: da geht einem der Schiach an. Der Schiach ist die substantivierte Form von schiach - hässlich, unschön, grausig. Das ist sozusagen die Verfassung in die man kommt, wenn eine angstmachende Situation eintritt.

Herrgotts-Stimmung
Hat sich der Regen wieder verzogen und die Sonne kommt wieder hervor, sagt man:
d sun kumd fira
heagods-schdimmung (Herrgotts-Stimmung) nannten wir das, wenn die Sonnenstrahlen zwischen den Wolken hervorbrachen - wohl durch barocke Kirchenfresken beeinflusst.
di lisl nennt man die Sonne, wenn sie nett wärmt,
di göwe sau sagt man hingegen seit einigen Jahren auch bei uns zum Zentralgestirn, wenn sie wieder einmal viel zu stark owe-brend ['ɔvəbʀend].
mia rindda dreg owe (mir läuft der Dreck vom Körper) heißt es dann, wenn man ordentlich schwitzt. Dann ist es richtig Sommer, manche Menschen bekommen ihre
gugascheggn (Sommersprossen - die Schecken rund um die Gucker, das sind die Augen) und die Leute strömen ins koidbod (Kaltbad heißt das Sommerbad immer noch. Daneben gabs den fee, den Eissalon Fedrizzi, inzwischen heißt der Bachinger)
bachalwoam (Bacherl-warm) ist jetzt auch das Wasser der Seen.

Wenn dann die ersten Herbststürme übers Land ziehen, und es ist so ein recht windiger Tag, kann man sagen:
des is owara windglaudan! - das ist aber ein stürmisches Wetter! da wind, da wind, das himmlische kind! wiederholen die Leute Mantra-artig, wenn wieder irgendwas umgeweht wurde.
feichdlad ist es dann (feucht) und alle sagen: es heabsdld! - es herbstelt.

Im Winter sind die Straßen manchmal ziemlich rutschig:
es is hei! heißt: heut hat es aber ordentlich Glatteis.
gfread hat es in der Nacht, wenn es Frost gab.
graab nennt man das Wetter, wenn es grau und trostlos ist. 
es schneibbd sagt man, wenn es schneit.
es schneiwald ['ʃnɛvɐɫd] (das ist sozusagen der Diminuativ von schneien) sagt man hingegen, wenn es nur so leicht dahin schneit.
schneegwadn sind Schneewächten,
a bozzada schnee (patziger Schnee) sagt man, we nn der Schnee nass und schwer fällt. Am Boden wird er dann schnell ein
gaadsch - Matsch. Steigt man darin herum, hat man bald de glaazn aufd schuach biggn - dann kleben die Matschbrocken an den Schuhen.
schroin sind jene kompakten Bruchstücke der Schneedecke (also in etwa Schnee-Brocken), die zum Beispiel der Schneepflug am Fahrbahnrand hinterlässt.




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