Mittwoch, 21. Juli 2010

keads es zaumm?

Als eines Morgens zwei neue Arbeiter an der Baustelle erscheinen, fragt sie der Polier: keads es zwa zaumm? Daraufhin antwortet der eine: naa, i bin baggafoara, ea kead zaumm!


Neben der bereits besprochenen Vorsilbe da- gibt es im Dialekt einen weiteren Präfix, der hier viel umfangreicher und fantasievoller eingesetzt wird, als im Standarddeutsch: zaumm- (zusammen-). Er ist ein treuer Begleiter bei allen Tätigkeiten, bei denen etwas - was auch immer - in irgendeiner Form gesammelt, zerstreute Dinge zueinander gesellt, in eine gewisse Ordnung gebracht werden.

Um des Dialektes nicht Mächtige nicht weiter auf die Folter zu spannen: zaumm kean kann man als "zusammen gehören" verstehen, aber auch als "kehren, fegen". Dieses Wortspiel macht also den eingangs erzählten Witz aus. Auch folgende Wörter verstehen sich durchaus als Handlungen, die mit dem Zusammenführen oder in Ordnung Bringen von Gegenständen zu tun haben:

zaummschuasdan (auch: zaummbfisdan, zaummbandan, zaummschdobben) ist die abwertende Form von Zusammenbauen: beim Zusammenschustern klingt das Schimpfwort: du bisd a schuasda! an, für einen handwerklich unbegabten Menschen. Schon in Jakob und Wilhelm Grimms Wörterbuch (1838) heißt es: "schustern: auch sonst vielfach von stümperhafter Arbeit, pfuschen, etwas zusammenflicken";  Zusammenpfistern und -bandern heißt ebenso: etwas unprofessionell zusammenbauen (vergleiche: auddo-bandan: hobbymäßig oder im Pfusch Autos reparieren) wobei Zusammenpfistern die schlimmste Form des Pfuschs bedeutet: hier war kriminelle Unfähigkeit am Werk. Zusammenstoppeln schließlich gemahnt an die Art und Weise, wie die Teile miteinander verbunden werden: sie werden nur zusammengesteckt.

zaumm-maundschgan  - man kann auch in der Küche einiges falsch machen: dieses Verb bedeutet so etwas wie zusammen-pantschen, bezieht sich aber hauptsächlich auf feste Inhaltsstoffe.

zaummroaln (meidlinger L!) ist ebenso ein Wort aus der Arbeitswelt (siehe auch: aufgwaan, umbeaddln, weanglnzaummschbeenln) und beschreibt die (unprofessionelle) Tätigkeit, bei der man mehrere Teile miteinander verbindet, indem man sie gemeinsam mit Draht umwickelt. 

zaummschbeenln heißt, etwas mit Stecknadeln (schbee-nodln) fixieren, Textilien mit Stecknadeln provisorisch aneinanderheften. 

zaummhoidn - neben der allgemein verständlichen Bedeutung zusammenhalten (z.B. transitiv: das Geld, intransitiv: gute Freunde) findet sich dieses Wort vor allem in der knappen aber gleichwohl unmissverständlichen Zurechtweisung hoids zaumm! halts Maul! (natürlich ist gemeint, man möge die babbaladua, also Unter- und Oberkiefer gefälligst beisammen lassen)

zaummgrochn - zusammenkrachen können in erster Line zwei Menschen, deren konkrete Vorstellungen über einen Sachverhalt diametral auseinander liegen. gesdan bini mid mein schwindlichn nochban zaummgrochd. i hob eam gfrogd, obs bei eam eibrochn haum, dasa aum sundog in da frua zum rosnmaan aufaungd!

zaumsaumsdan  - dieses Wort hat es wohl nicht in viele Familien in der Stadt geschafft. Es kommt aus dem Umland von St.Pölten. Bei den Bauern war es früher üblich, den Hausputz immer am Samstag zu erledigen. Das heißt, der Sand, der am Küchenboden aufgestreut war und den Schmutz der Woche aufgesaugt hatte, wurde weggekehrt, und neuer Sand wurde aufgestreut. Dazu sagte man zaumsaumsdan

zaummrama - aufräumen. Sehr anschaulich können wir uns hier vorstellen, wie verstreute Dinge wieder zusammen an ihren Aufbewahrungsort gebracht werden. Es gibt auch eine übertragene Bedeutung, die gar nicht so häufig verwendet wird, aber wenn, dann sehr eindrucksvoll: wenn jemand, der vielleicht etwas Unruhe oder Chaos in eine Gesprächsrunde gebracht hatte, sein Gehen ankündigt, kann man ihm durchaus sagen: hosd rechd, ge haam, daunn is wenigsdns zaummgramd aa.

zaummloosn (von loosen: lauschen; vgl.: de loosa - die Ohren) Wenn jemand wieder einmal Gerüchte verbreitet, nachdem er sich aus verschiedenen Äußerungen, die er wo gehört hat, einen Reim gemacht hat, sagt man: dea hod wo wos zaummgloosd und jezd dazööda widara gschichdl.

zaummreden - Unsinn daherreden. heasd, wos redsdn zaumm? des schdimmd jo goa ned! was redest du da? das stimmt ja gar nicht! Zusammen-Reden kann man sich so vorstellen, dass mehrere Aussagen, die nichts miteinander zu tun haben, oder nicht in diesen Zusammenhang gehören, zu einem Satzganzen zusammengefügt werden - und daher scheinbar Unsinn ergeben. (analog dazu kann man auch andere Handlungen des Unsinns zeihen, indem man zaumm- davorsetzt: wos foasdn firan koarl zaumm - wie fährst du denn Auto? wos schreibsdn  do firan bledsin zaumm - was schreibst du denn da für einen Unsinn? )

zaummzwiggn kann man nicht nur mit einer Zange. Dieses Verb beschreibt auch sehr bildhaft die Tätigkeit des  musculus sphincter ani, wenn man schon große Not, aber keine Gelegenheit (sprich Toilette) hat.

zaummglaubm - eine Erweiterung des unspezifischen glaubm, also klauben. zaummglaubm heißt in erster Linie Dinge vom Boden aufsammeln, kann aber getrost mmer statt aufheben oder aufklauben verwendet werden, weil zaumm- einfach bodenständiger klingt als auf-

zaummessn - aufessen. Vielleicht sagt man das ja auch deswegen, weil ja laut einer alten Tischweisheit im mogn ee ois zaummkummd

zaummdelefonian - seit wir jederzeit mobiltelefonisch erreichbar sind, brauchen wir, wenn wir uns treffen wollen, das nicht mehr lang im Voraus planen, wir sagen: do delefonian ma uns no zaumm

zaummdringgn - Eine gemütliche alte Sitte am Ende eines Gasthausbesuchs. Man sagt nicht: trinkt aus! wenn es Zeit zu gehen ist, sondern: dringgds eich zaumm!

zaummboggn - boggds eich zaumm! heißt wörtlich packt euch zusammen! und meint: packt eure Sachen, macht euch reisefertig! (auch wenn die Reise nur nach Hause geht) 

zaummdidschn ist das lautmalerische Wort für einen leichten Zusammenstoß, bei dem kaum mehr als das Geräusch "ditsch" entsteht. se san midn hian zaummdidschd: sie sind mit der Stirne zusammengestoßen.



Eine etwas andere Bedeutung kann zaumm bei manchen Wörtern annehmen, wenn es darum geht, ein Zusammensinken, -fallen, -stürzen oder ähnliches zu beschreiben, also einen Sachverhalt, bei dem Teile - bildlich gesprochen - wie Karten eines Kartenhauses oder die Wände eines einstürzenden Gebäudes zusammen-(einander zu) fallen.

zaummdraan - mi hods zaummdraad heißt: "ich bin ohnmächtig geworden": ich bin in einer Drehbewegung zu Boden gegangen. Man kann auch sagen i bin zaummgaunga (nicht zu verwechseln mit eigaunga: der is eigaunga wiara beemische leiwaund!)

zaummfian ist die weniger schlimme Variante vom kürzlich besprochenen dafian: mit einem Fahrzeug niederstoßen. während dafian letal ist, kann man zaummfian durchaus überleben.

zaummhaun kaputt machen. des haud mi zimlich zaumm heißt: das macht mich ziemlich fertig.

zaummscheissn - (vgl. das standarddeutsche "Anschiss") jemanden zusammenputzen, jemanden scharf zurechtweisen. Dieses Wort weist immer auf eine Hierarchie hin: zusammenscheissen kann man nur jemanden, der in der Hierarchie unter einem steht.

zaummbraggd  (auch: zbraggd) -  flach geschlagen, zerdrückt (ein bragga - Pracker  ist ein Schläger) kommt praktisch nur in Form des Partizip II vor. Meistens sind es Kröten und Frösche, die der Automobilität zum Opfer fallen und dann am Pflaster kleben: im übertragenen Sinn kann man sagen: du ligsd do wiara zaummbraggde grod wenn jemand alle Viere von sich streckt.

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