Mittwoch, 24. März 2010

zuwe, dauna, firanaund


Alle bairischen Dialekte besitzen einen großen Reichtum an Adverbien der Richtung und des Ortes. Manche haben so spezielle Bedeutungen, dass sie unmöglich durch ein einziges Wort der Standardsprache übersetzt werden können.

Wir St.Pöltner genießen es manchmal geradezu, wenn wir unsere Orts- oder Richtungsangaben auf unseren Zungen zergehen lassen und dabei beobachten, wie die Kollegen aus Norddeutschland vom Stirnrunzeln immer faltiger werden.

zuwe, zuwa

Die Paradewörter der norddeutschen Sprachverwirrung. Wie bei fast allen Richtungsbestimmungen, wird ein Unterschied gemacht, ob die Bewegung vom Sprecher weg, oder zum Sprecher geht.
-e heißt immer weg vom Sprecher, -a heißt immer zum Sprecher. Zur weiteren Konfusion, kann sich aber der Sprecher auch "in eine andere Person hineinversetzen", und die Wörter auf diese Person bezogen verwenden.

zuwe bezeichnet eine Richtung, in die sich ein Objekt oder eine Person bewegt, und zwar immer dann, wenn weitere Personen oder Objekte dort schon warten. Es handelt sich also immer um ein Zugesellen eines Objekts neben ein anderes - und sei es die Wand oder der Zaun:

laan des heindl zun zau zuwe - lehne die Harke an den Zaun (auf die besondere Aussprache des Wortes heindl werde ich später zurückkommen)

zaa da de züün zuwa! - ziehe die Zille (ein einfaches Holzboot) zu dir! Hier versetzt sich der Sprecher in die Person des angesprochenen - zuwa heißt also in diesem Fall: die angesprochene Person solle das Boot zu sich ziehen.

ea muasse scho wida zu de mendscha zuwe schdön! er muss sich natürlich wieder zu den Mädels stellen! Dieses ea ist ein betontes Personalpronomen. Der Satz wird so laut gesprochen, dass ihn der Bezeichnete nicht überhören kann.

de hund dan gean üwaroi zuwe schnofen. Hunde schnüffeln gern an allem. Hier kann man sich richtig bildlich die Hundenase vorstellen, die sich den beschnupperten Dingen nähert.

ge zuwa! weg von der Straße! Wörtlich: geh heran (zu mir). Diese knappe Aufforderung hören täglich tausende Kinder, wenn sie sich zu weit vom schützenden Straßenrand entfernen und ein Verkehrsopfer zu werden drohen.


daune, dauna

dauna ist der schwierige Zwillingsbruder von daune, und das Gegenteil von zuwe. Bei daune verhält es sich genau umgekehrt: es ist das Gegenteil von zuwa.

Beginnen wir mit dem leichteren Wort: daune heißt (ein kleines Stück) weg, zur Seite. Dabei handelt es sich immer um eine sehr kurze Strecke, meist eine Armeslänge oder so ähnlich:

i weame gach a wengal daune leng - ich werde mich kurz ein wenig aufs Ohr hauen (wörtlich: ich werdmich schnell ein wenig zur Seite legen)

ge, hau do des oide glumbbad daune! Ach, wirf doch das alte Zeug weg!

heasd! ge daune, waunsd scho sichsd, das i do fuabei muas! Mann! geh doch zur Seite, wenn du schon siehst, dass ich hier vorbei muss!

leg des schbüüzeig daune und hüüf ma! Leg das Spielzeug beiseite und hilf mir!

dauna kann nur etwas bewegt werden, das vorher irgendwo zuwe gestellt wurde: ge, gib ma de grüne blumenwasn dauna, i hobs duadd zu de aundan zuwe gschdööd! geh, gib mir die grüne Blumenvase her, ich habe sie dort zu den anderen gestellt!

schiab de baung a wengal dauna, das i hinddabei schdaubsaung kau! schiebe die Bank ein wenig (von der Wand) weg, damit ich dahinter staubsaugen kann!


foa a schdiggl dauna, i kaun jo sunsd ned eischdeing! fahr ein Stück (von der Hauswand, vom Straßenrand, was auch immer...) weg, ich kann ja sonst nicht einsteigen!

firanaund

...ist eines der vielen Adverbien, die auf -anaund enden, wie nemanaund - nebeneinander, hinddranaund - hintereinander, duachanaund - durcheinander usw.

Das Wort bedeutet: aneinander vorbei. Aber nicht: aneinander vorbei fahren, reden, etc. Nein, firanaund bezeichnet jene Situation, in der es darum geht, dass zwei Objekte oder Personen so feststecken, oder festgefahren sind, oder wo die örtlichen Verhältnisse so eng sind, dass sie eben nicht aneinander vorbei, bzw. fast nicht aneinander vorbei kommen.

d schdrossn woa so eng, dassd auddo ned firanaund kumma san. die Straße war so eng, dass die Autos nicht aneinander vorbei kamen.


ea hod an schdean grissn und ligd so debbad do, dasa d schi nimma firanaund bringd. er ist so unglücklich gestürzt, dass er die Schier, die sich ineinander verhakt haben, nicht mehr auseinander bekommt.

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