Mittwoch, 29. Juni 2011

oaweidd

Exakte Sprache ist immer dann extrem wichtig, wenn man jemandem genau erklären will was er tun soll, aber man keine Hand frei hat, um zu gestikulieren, wie zum Beispiel bei der Arbeit.

Aus diesem Grunde wurde gerade im Arbeitsalltag eine Vielzahl von Begriffen geschaffen, die exakt beschreiben, was gemeint ist. Die Arbeiter haben aber niemals "Hochdeutsch" geredet, also sind viele dieser Wörter einfach nicht übersetzbar, außer man bedient sich einer ausführlichen Umschreibung.

gwaan - mein absolutes Lieblingswort aus diesem Bereich. Ich habe lange gesucht, aber keine schlüssige Erklärung für die Herkunft dieses Wortes gefunden, ich kann also keine "übersetzte" Schreibweise anbieten. Zur Bedeutung: gwaan bezeichnet eine Tätigkeit, bei der man auf die eine oder andere Art einen Hebel benutzt, um etwas zu bewegen oder zu verformen: man kann z.B. eine Tür aufgwaan, indem man eine Stange in den Spalt steckt und sie dann aufhebelt. Man kann eine Palette zur Wand zuwegwaan, indem man eine Stange unter die Palette schiebt und letztere durch Heben der Stange in Bewegung setzt. Man kann ein verbeultes Ende eines Rohres wieder in eine Runde Form bringen, indem man ein rundes Eisenstück ins Rohr steckt und es an den entsprechenden Stellen wieder ausbeult (aufgwaan)


umbeaddln umbördeln  ist das Umbiegen des Randes von Blechen zum Zwecke der späteren Verbindung zweier Bleche durch Falzen  oder um  Blechgegenstände zur bequemen Handhabung oder zum besseren Aussehen mit einem Rand zu versehen. siehe Lexikon der Technik


zaumm roaln (meidlinger L!) beschreibt die (unprofessionelle) Tätigkeit, bei der man mehrere Teile miteinander verbindet, indem man sie gemeinsam mit Draht umwickelt.

zaummschbeenln kann man etwas nur mit schbeenodln - Stecknadeln. zaumschbeenln heißt also, etwas (meist Stoffe) mit Nadeln zusammenheften.

zschbragln „zersprageln“ zerbrechen, zerspalten, zerbersten: schbragln sind längliche parallelliegende Überreste eines zerbrochenen Gegenstandes. Beim „Zersprageln“ müssen die Teile nicht unbedingt voneinander getrennt werden, sondern können an einer Stelle noch aneinanderhaften. du hosd den schraufm zweid aum raund einedraad, jezd hods de loddn zschbragld! du hast die Schraube zu nahe am Ende hineingedreht, jetzt ist die Latte zerborsten! Im übertragenen Sinn verwendet heißt es „zerfransen“ i kaummi jo ned zschbragln!  ich kann mich ja nicht zerfransen, ich kann nicht gleichzeitig hier und dort sein!

weangln ist eine nicht gerade professionelle Art, wie man durch wiederholtes hin- und herbewegen eines Werkzeuges oder -stückes in einer Öffnung, diese vergrößert. Danach ist die Öffnung, bzw. die Gesamtheit aus Öffnung und Bolzen (Welle, Stift etc. - z.B. ein Scharnier) ausgweangld.

in ream owareissn heißt in Ostösterreich, die Arbeit beenden, Feierabend machen. "Den Riemen herunter reißen" hat seinen Ursprung zu der Zeit, als noch alle Maschinen über sogenannte Transmissionsriemen angetrieben wurden: an der Decke der Maschinenhalle verlief eine zentrale stählerne Antriebswelle, von der die Kraft über lederne Riemen und gusseiserne Riemenscheiben zu den Maschinen übertragen wurde. Wollte man eine Maschine abstellen, musste man den Riemen mit einem Haken von der Scheibe "herunter reissen" siehe dazu bei Wikipedia Transmission

auf da laa-scheibm renna (auf der Leerscheibe laufen) sagt man demnach, wenn der Arbeisfluss unterbrochen ist, man aus irgendeinem Grund nicht weiter arbeiten kann.

reamfedd "Riemenfett" benutzte man, um das Durchrutschen auf der Scheibe zu verhindern.


schoeweanggad schief, mit Schlagseite



roglad  locker, es besteht die Gefahr, dass etwas ins rollen kommt: bass auf, das de baamschdemm ned roglad wean

goashaxn ("Geißfuß" - abgeleitet von der Klauenform der Paarhufer) ist ein Spezialwerkzeug zum Herausziehen von eingeschlagenen Nägeln.

meudda ist der Mörtel

leahaxn sind die Lehrlinge (in D: Azubis): wie der Name schon andeutet, werden sie sehr gerne für Laufarbeiten eingesetzt. Zu Beginn der Lehrzeit auch für solche, die dem Rest der Belegschaft zur Belustigung dienen: man schickt sie um die gwichda fon da wossawog - sie sollen also die Gewichter für die Wasserwaage besorgen, oder man ließ sie aus der Apotheke eine Flasche oxdradium holen, dieses Wort heißt einfach: Ochs, dreh dich um!

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Für die - oft sehr schwere - Arbeit hat man viele Begriffe hier in Ostösterreich. Es scheint wie beim Teufel zu sein, den man auch nie mit seinem richtigen Namen nennen wollte.

oaweiddn: haggln, weaggn, bugln, roboddn, dschineun, barawan, si oraggan, schebbfn
hackeln hat es in Österreich im Wort Hacklerregelung bis in den Duden geschafft; werken und buckeln versteht sich von selbst; roboten kommt aus dem slawischen Sprachraum, wo robota einfach "Arbeit" bedeutet; dschineun kommt möglicherweise von dem ungarischen Wort csinál für machen; ein Baraber ist ein ungelernter Bauarbeiter. Das Wort kommt aus dem Tschechischen; "poroba" bedeutet Knechtschaft; abrackern und schöpfen sind sozusagen Fremdwörter, schöpfen sagt man v.a. in der Steiermark und in Kärnten.

1 Kommentar:

  1. jetzt hab ich einen Hinweis erhalten, wo das Wort gwaan herkommen könnte. In einem Kommentar auf FB steht:
    ... Da es sich um meine Muttersprache handelt ;-) muss ich meinen Senf dazugeben. Ich denke, "qwaan" kommt aus dem Französischen. Da heißt Keil "coin" und man spricht es "qwa" aus.
    danke für den Hinweis!

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